Montag, 22. Juni 2015

Rezension: Herr aller Dinge von Andreas Eschbach


Genre: Science Fiction Roman

Verlag: Bastei Lübbe

Seitenzahl: 703
Taschenbuch: 9,99 €
ebook: 8,49 €
Hörbuch mp3: 10,99 €

HC Ausgabe nur gebraucht

1. Auflage: Sept 2011




"Hier waltete das Schicksal, nicht mehr und nicht weniger. Alles, was geschah - und auch, 
was nicht geschah -, hatte seinen Sinn, selbst wenn man diesen Sinn nicht gleich erkannte." S. 213


Zum Inhalt

Das Buch beginnt recht ruhig mit dem Leben von Hiroshi in Tokio, der zusammen mit seiner Mutter in einer beengten Wohnung gegenüber der französischen Botschaft aufwächst. Als er zufällig die Tochter des französischen Botschafters, Charlotte, kennenlernt, ist er grade mal 10 Jahre alt, doch obwohl die beiden getrennte Wege gehen, scheint das Schicksal andere Pläne mit ihnen zu haben. Auf seinem Lebensweg begegnen Hiroshi ständig die Unterschiede, Hürden und Dogmen, die die Gesellschaft sich durch das Geld geschaffen hat.
Durch seine Mutter hat er schon als Kind lernen müssen, welch großen Unterschied es macht, ob Menschen viel oder wenig Geld haben. Seine Gedanken kreisen um dieses Thema, denn im Laufe seines Lebens wird er immer wieder mit den Spannungen der Gesellschaft konfrontiert, die alleine aufgrund des Geldes entstehen.
Doch er hat einen Plan und setzt als Erwachsener alles daran, dieses Ungleichgewicht aufzuheben: er hat eine Idee, wie alle Menschen gleich reich sein können ...

"Es ging, was Reichtum anbelangte, in Wirklichkeit gar nicht um Geld, wie alle immer dachten. 
Es ging darum, wer die Arbeit tat!" S. 76

Meine Meinung

Ich habe in einigen anderen Rezensionen gelesen, dass das Buch viel zu lang ist und man sich einiges hätte sparen können. Der Meinung kann ich mich nicht anschließen, denn ich fand das Buch von der ersten bis zur letzten Seite einfach nur fesselnd!

Zuerst habe ich natürlich auch ganz neugierig darauf gewartet, was denn nun dieser Plan ist, wie Hiroshi Kato die Menschheit von der Last der Macht des Geldes befreien will - aber Andreas Eschbach hat mich so geschickt mit der Geschichte der beiden Protagonisten in den Bann gezogen, dass das gar nicht mehr so wichtig war.
Dabei erzählt er aus der auktorialen Sichtweise und wechselt die Perspektiven meistens zwischen Hiroshi und Charlotte.

Hardcover / Lübbe Verlag
Die beiden haben keinen einfachen Start ins Leben, jeder von ihnen trägt eine andere Art von Last. Gerade Hiroshi, in armen Verhältnissen aufgewachsen, spürt sehr oft, wie sehr der Besitz von Geld, oder dessen Fehlen, den Menschen beeinflusst, während Charlotte niemals finanziellen Mangel leidet, es ihr dafür aber an Gefühlen fehlt.
Von ihrer Kindheit an erhält man einen Querschnitt ihres Lebens und wie das Schicksal zwischen ihnen die Fäden spinnt. Beide sind extrem eigenwillig und scheinen etwas gemeinsam zu haben; dabei kamen sie mir meistens vor wie Feuer und Wasser.
Obwohl ich mit keinem von beiden wirklich wahre Freundschaft schließen könnte, habe ich mit ihnen mitgefiebert und mitgelitten. Eschbach hat es hier wunderbar verstanden, echte Gefühle und Gedanken zu transportieren, die manchmal unangebracht scheinen, aber gerade darum nur allzu menschlich sind. Hiroshi hält hartnäckig an seinen Zielen fest, wirkt aber immer einsam, ohne wirklich Ruhe zu finden. Getrieben von seiner Idee und dem eisernen Willen, seinen Plan in die Tat umzusetzen, muss er viele Brücken hinter sich abreißen.
Charlotte ist ebenfalls einsam, aber auf ganz andere Art und Weise. Auch sie wirkt getrieben, doch hat sie kein Ziel vor Augen, auf das sie zusteuern könnte. Als würde sie nicht zu sich finden und eher unbedacht vor sich hin leben. 

Zur Thematik gibt es wieder eine wahre Flut an Gedankengängen und Handlungssträngen, bei denen man die Hintergründe gar nicht vermutet und trotzdem läuft es doch immer wieder auf das leidige Thema Geld und Macht hinaus. Egal, ob es um die Lebensgewohnheiten der Japaner geht, die frühe (die sehr frühe) Menschheitsgeschichte, eine Polarexpedition oder die Nanotechnologie - der Autor baut alles so geschickt in die Geschichte ein und ich bewundere immer wieder das ganze Wissen, das er mit einfachen Worten so beeindruckend vermitteln kann!
Es klingt bunt zusammengewürfelt, aber es kommt im Laufe der Seiten immer mehr der Sinn dahinter hervor. Alles ist logisch aufeinander aufgebaut und obwohl ich nicht immer sofort wusste, wohin die nächste Entwicklung führen wird, war alles bis ins Detail konsequent und schlüssig durchdacht!
Die erste Hälfte des Buches wächst langsam heran, was sich aber nicht unnötig in die Länge gezogen hat, sondern nötig war, um den Effekt zu erhöhen. Denn die Geschichte entwickelt dann plötzlich eine Eigendynamik, die die Spannung extrem erhöht! Von einem Moment auf den anderen passiert auf einmal etwas völlig unerwartetes und ich bin nur noch fassungslos und fasziniert durch die Seiten geflogen! Gegen Ende hab ich sogar tatsächlich in einer Szene Gänsehaut gekriegt und einige Tränen sind geflossen. Wieder mal ein sehr beeindruckendes Buch von Herrn Eschbach :)

Manche Puzzleteile wurden etwas konstruiert auf den besten Platz gesetzt, aber das hat mich nicht wirklich gestört.

Zusammengefasst

Thematik: Kann man den Einfluss von Geld auf die Menschheit stoppen
Schreibstil: flüssig, technische Details verständlich, unaufgeregt packend
Charaktere: eigenwillig, nicht unbedingt sympathisch, aber faszinierend
Atmosphäre: gelassen und kontrolliert, fesselnd mit viel Spannung im letzten Drittel
Umsetzung: besticht durch eine beeindruckende Klarheit und Ruhe, die die Wirkung noch deutlicher hervorbringt

Fazit

Trotz der ruhigen Atmosphäre und dem langsamen Aufbau der Geschichte war ich von Anfang an fasziniert. Wie Andreas Eschbach hier mit der Idee spielt und so viele abwechslungsreiche Facetten zeigt und dennoch beim Thema bleibt war ein genialer Zug. Der Überraschungseffekt mit einem eiskalten Guß ist ihm auf jeden Fall gelungen! Eine wunderbare Geschichte, die einen zum Nachdenken bringt.

Bewertung


© Aleshanee



Über den Autor: Andreas Eschbach wurde 1959 geboren und schreibt seit seinem 12. Lebensjahr. 
Nach dem Abitur studierte er in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik und arbeitete zunächst als  Softwareentwickler, bevor er sich ausschließlich dem Schreiben widmete. Bekannt wurde er durch
den Thriller „Das Jesus Video“, der monatelang auf den Bestsellerlisten stand und erfolgreich
verfilmt wurde. Im Sommer 1994 erhielt Andreas Eschbach ein Stipendium der Arno-Schmidt-
Stiftung „für schriftstellerisch hochbegabten Nachwuchs“. Im Frühjahr 1995 erschien der erste
Erwachsenen-Roman, der auf Anhieb den Literaturpreis des Science Fiction Clubs Deutschland
gewann. Alle weiteren Romane wurden ebenfalls mit mindestens einem Preis ausgezeichnet! Seit
Mitte 1996 ist Andreas Eschbach als freier Schriftsteller tätig und lebt heute in der Bretagne.
Quelle: Arena Verlag



5 Kommentare:

  1. Guten morgen!
    Das klingt ja Mega interessant. Insbesondere vor den aktuellen Diskussionen um Griechenland. Das Buch schnapp ich mir.
    LG
    loralee

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  2. Das klingt verdammt interessant - und ist thematisch aktueller den je.
    Steht nun auf meiner Merkliste :)

    LG
    Kekz

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  3. Er schreibt wirklich immer über super interessante Themen, die eigentlich immer aktuell sind in der heutigen Zeit. Das finde ich bei seinen Büchern grade so spannend, vor allem, weil er es auch noch in eine tolle Geschichte verpackt! ;)

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  4. Ich habe das Buch als Hörbuch "gelesen" und kann nur sagen: Eine grossartige Geschichte und jeder, der sich an schönen Geschichten mit einem leichten SciFi Touch erfreuen kann muss (!) dieses Buch lesen.

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    1. Auf jeden Fall! Wieder was ganz besonderes, wie die meisten Bücher von Eschbach :)

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