Dienstag, 26. April 2016

Rezension: Love Letters to the Dead von Ava Dellaira

Love Letters to the Dead
von Ava Dellaira

übersetzt von Katarina Ganslandt

Genre: Jugendbuch - Contemporary
empfohlen ab 14 Jahren

Verlag: cbt
Seitenzahl: 416
Hardcover: 17,99 €
ebook: 13,99 €

1. Auflage: Feb 2015



"Ein wahrer Freund ist jemand, der dich voll und ganz du selbst sein lässt. 
Der nichts von dir erwartet. Der dich so nimmt, wie du bist, ganz egal, 
was auch immer du in einem Moment gerade fühlst - oder nicht fühlst. 
Das ist es, worauf es bei der wahren Liebe ankommt: 
den anderen sein zu lassen, was er wirklich ist." Jim Morrison, S. 335



Klappentext

Es beginnt mit einem Brief. Laurel soll für ihren Englischunterricht an eine verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt Kurt Cobain, den Lieblingssänger ihrer Schwester May, die ebenfalls viel zu früh starb. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse und Heath Ledger. Denn die Toten verstehen Laurel besser als die Lebenden. Laurel erzählt ihnen von der neuen Schule, ihren neuen Freunden und Sky, ihrer großen Liebe. Doch erst, als sie die Wahrheit über sich und ihre Schwester May offenbart, findet sie den Weg zurück ins Leben und kann einen letzten Brief an May schreiben …

Meine Meinung

Ich weiß, dass mir die Rezension zu diesem Buch etwas schwerfallen wird. Ich bin noch etwas überwältigt von den ganzen Eindrücken, denn diese Geschichte vermittelt ein wahres Gefühlschaos, das aber auf ganz leisen Sohlen daherkommt. 
Deshalb erstmal ein Zitat, welches das Thema sehr gut ausdrückt:

"Du warst bereit, dein Inneres völlig preiszugeben, ohne dich darum zu kümmern, 
was andere darüber dachten. Ich wünschte, ich könnte mehr so sein wie du." S. 81

Das zeigt ziemlich deutlich, in welcher Lage sich die Protagonistin Laurel befindet. Sie erzählt diese Geschichte in Briefen an verstorbene Persönlichkeiten und hält den Leser damit ein bisschen auf Abstand. Gleichzeitig aber versinkt man regelrecht in der Gefühlswelt, die Laurel nach und nach vor einem ausbreitet. Den Schreibstil hab ich als ruhig, aber fesselnd empfunden. Die Autorin schafft es hier perfekt, die Gedanken und Problematiken in Worte zu fassen - konkret, aber nicht aufdringlich und mit der Möglichkeit, sich den vielen Gefühlen anzunähern.

Laurel war mir von Anfang an sympathisch und hat mich sogar ein bisschen an mich selbst erinnert, denn wie oft versucht man gerade als Teenager, sich anzupassen; es anderen recht zu machen um dazu zu gehören. Während Laurel sich selbst finden möchte und zu verstehen sucht, wer sie wirklich ist, verstrickt sie sich unbewusst immer wieder darin, anders zu sein. Vor allem orientiert sie sich da an ihrer Schwester May. Diese war der Sonnenschein der Familie: hübsch, beliebt, fröhlich, lebendig ... ein Vorbild, zu dem sie aufgeschaut hat; doch May ist vor einigen Monaten gestorben.

Die Hintergründe zu dem Tod werden erst nach und nach aufgedeckt und man ahnt schnell, dass da noch mehr dahintersteckt.

"... aber ich glaube, manchmal wünschen wir uns einfach, man könnte uns deutlicher ansehen, 
wie sehr wir leiden und welchen Schmerz wir verstecken." S. 265

Laurel kann nicht über ihre Probleme reden. Es fällt ihr extrem schwer, sich zu öffnen und so verpasst sie damit die Chance, Hilfe anzunehmen. Dabei ist sie selber so ein liebenswertes, emphatisches und berührendes Mädchen, das ich oft einfach gerne in den Arm genommen hätte. Sie kam mir so verloren und einsam vor; dabei hätte sie in Hannah und Natalie tolle Freundinnen gefunden! Aber auch die anderen, mit denen sie zu tun hat, sind auf ihre Weise liebenswert und ganz besondere Charaktere. Vor allem auch Sky, in den sie sich verliebt.

In einigen Rezensionen hab ich gelesen, dass die Figuren alle zuviel an Problemen mit sich herumschleppen und dass zuviel passiert und damit alles öfters auf die Spitze getrieben wird. Das finde ich aber gar nicht, denn es gibt einfach Gruppen, bei denen es genauso abgeht wie hier. Gerade "Problemkinder" finden meisten gerade erst recht durch die Umstände zusammen.
Es hat mich jedenfalls sehr an meine eigene Jugendzeit erinnert und ich konnte gerade mit Laurel total mitfühlen. Sie sieht so vieles bei anderen und erkennt sehr genau die Zusammenhänge - nur bei sich selbst kann sie lange nicht sehen, was falsch läuft. 
Ich denke, genau das trifft auf viele von uns zu.
Mehr möchte ich darüber gar nicht verraten - lasst euch überraschen ;)

Fazit

Eine berührende Geschichte, die mir sehr nahegegangen ist. Der Versuch eines Mädchens, in Briefen das auszudrücken, was sie sich nicht zu sagen traut und sich deshalb in sich selbst verliert. Die Angst, sich so zu zeigen, wie man wirklich ist und dabei die Sehnsucht nach Menschen, die einen so annehmen, wie man ist, kennt sicher jeder - und genau das wurde hier wunderschön beschrieben.

Bewertung
 

© Aleshanee




Über die Autorin: Ava Dellaira ist Absolventin des Iowa Writers’ Workshop, an dem sie als Truman Capote Stipendiatin teilnahm. Sie wuchs in Albuquerque, New Mexiko auf. Ihren Bachelor machte sie an der Universität von Chicago. Sie glaubt, dass Love Letters to the Dead seinen Anfang nahm, als sie das zweite Mal in ihrem Leben ein Album kaufte –, Nirvanas In Utero – es sich in Schleife anhörte und dabei ihr Tagebuch vollschrieb. Heute lebt Ava Dellaira in Santa Monica, ist in der Filmbranche tätig und arbeitet an ihrem zweiten Roman.
Quelle: cbt Verlag



17 Kommentare:

  1. Hallo Alex,

    eine sehr schöne und auf den Punkt gebrachte Rezi zu dieser tollen Geschichte. Ich habe das Buch auch gelesen und war ebenso begeistert davon wie du. Gerade die Idee mit den Briefen an verstorbene Persönlichkeiten und die damit ausgedrückten Ängste & Sehnsüchte finde ich sehr gut umgesetzt. Jeder Charakter ist für sich genommen genau richtig und passt in diese Geschichte, wie die berühmte Faust ...

    Ich kann das Buch ebenso nur empfehlen zu lesen, denn es birgt sehr viel Wahres in sich.

    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Uwe

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    1. Vielen Dank Uwe! Genau wie du sagst, es bringt alles sehr gut rüber - aber auf keine aufdringliche Weise, sondern sehr subtil und so, dass man sich selber darüber Gedanken machen kann. Die ganze Art und Weise, wie das hier umgesetzt wurde, hat mich schon beeindruckt!

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  2. Ich glaube deine ist eine der ersten positiven Rezensionen die ich zu dem Buch gelesen hab! Ich hab mich zwar nie explizit für das Buch interessiert aber so "im Vorbeigehen" waren einige Leser ziemlich enttäuscht!
    Vielleicht sollte ich mir das Buch doch mal zulegen, es klingt ja eigentlich wirklich mehr als interessant und ist mal was anderes!

    Liebe Grüße
    Tamara

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    1. Ich hatte einige gemischte Rezensionen dazu gesehen. So ganz wusste ich nicht, ob das Buch was für mich ist, weil ich in dem Genre eigentlich gar nicht unterwegs bin. Aber mich hat der Ansatz mit den Briefen einfach neugierig gemacht und ich bin jetzt echt froh, dass ich es gelesen hab.
      Für mich war es ein bisschen auch ein Eintauchen in meine eigene Vergagnenheit, vielleicht hat es mich deshalb auch so angesprochen. Ich finde, man kann hier wirklich sehr gut mit der protagonistin mitfühlen. Es ist schwierig, ob man das Buch empfehlen soll oder nicht, das ist sehr individuell, ob einen das anspricht oder nicht.

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  3. Schön, dass es dir gefallen hat. Ich mochte das Buch leider gar nicht, es klingt vielleicht scheiße, aber mich hat es emotional einfach null berührt und ich fand es super langweilig :D
    Aber na ja, zum Glück sind Geschmäcker verschieden :)
    Liebst, Lara.

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    1. Naja, es kann ja nicht jedem gefallen ;)
      Hab das oben im Kommentar auch erwähnt, es wird sicher nicht jeden ansprechen ... muss ja auch nicht sein ^^

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  4. Huhu
    eine sehr schöne Rezi ^^ Aktuell lese ich das Buch ebenfalls und ich habe Laurel bereits jetzt extrem ins Herz geschlossen. Ich hoffe ich werde am Ende genau so begeistert sein wie du.

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    1. Ah, wie schön! Das hoffe ich doch! :)
      Und danke für dein Vertrauen - viele lesen ja keine Rezis aus Angst vor Spoilern. Ich versuche ja immer, da sehr genau aufzupassen

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    2. Also ich hab mich in deiner Rezi nicht gespoilert gefühlt.
      Alles ok ^^

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  5. Halllo Aleshanee,

    mich hat das Buch ebenso berührt und beeindruckt. Die Autorin hat meiner Meinung nach diese Qual der Jugend richtig eingefangen, die wir doch alle in irgendeiner Form empfunden haben. Auch wenn es bei Laurel eine Extremsituation ist.

    Liebe Grüße,
    Nicole

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  6. Huhu,
    mal wieder eine tolle Rezi von dir :-). Du hast mich richtig neugierig auf das Buch gemacht. Wollte es eigentlich nicht lesen^^ aber ich denke ich gebe dem Roman doch mal eine Chance.

    Liebe Grüße

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    1. Das freut mich :)
      Warum wolltest du es nicht lesen? Zuviel Hype?

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    2. Ja^^ mich schreckt es einfach immer ab wenn ein Bücher so gehypt werden, da ich dann einfach zu hohe Erwartungen habe und oft enttäuscht werde^^

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  7. Ave,

    ich persönlich war nicht völlig hin und weggerissen von dem Buch, weil mich das ein oder andere Detail an Laurel gestört hat, allerdings empfand ich den Briefstil auch als genau richtig. Außerdem mochte ich die Charaktere überwiegend, was bei derartigen Geschichten eher seltener der Fall ist. ^^'

    Mit freundlichen Grüßen,
    Seitenfetzer

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    1. Kann ich gut nachvollziehen, weil es mir bei anderen Protagonistinnen ähnlich geht wie dir hier ... da muss einen glaub ich irgendwas besonderes innerlich ansprechen, was bei mir hier der Fall war.

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  8. Huhu Aleshanee,

    du hast das in deiner Rezension so wunderschön beschrieben. Bücher, in denen man sich selbst wiederfindet, sind sowieso immer die besten. Ich weiß noch, wie ich das Buch damals in die Hand genommen habe, in der festen Überzeugung einen Thriller in den Händen zu halten. ("to the dead" hat mich doch etwas fehlgeleitet ='D) Aber dann sah ich all die Farben und habe erst mal total verwirrt den Klappentext gelesen. Aber genauso wie dich, hat mich die Grundgeschichte total neugierig gemacht. Ich muss zugeben, dass ich nicht ganz so geflasht war von dem Buch, wie du. Es hatte ein paar Längen und mir wurde es hier und da etwas zu viel, allerdings weiß es zu berühren. Also schlecht fand ich es definitiv auch nicht. =)

    Ganz liebe Grüße
    Leni =)

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